Was ist ein versteckter Dissens?
Ein versteckter Dissens liegt vor, wenn beide Seiten glauben, sich geeinigt zu haben – tatsächlich aber unterschiedliche Bedeutungen derselben Worte im Kopf haben. Die Erklärungen wirken äußerlich deckungsgleich, gehen aber im objektiven Erklärungswert aneinander vorbei. Bei einem Hauptpunkt fehlt damit der Konsens: Der Vertrag kommt nicht zustande (ABGB § 869; stRsp).
🔍 Woran erkennt man versteckten Dissens?
- Äußerliche Übereinstimmung von Angebot & Annahme, aber unterschiedliches Verständnis.
- Objektiv mehrdeutige Formulierungen, die sich nicht durch Auslegung (§§ 914 f ABGB) auflösen lassen.
- Hauptpunkte betroffen (z. B. Preis, Leistungsumfang, Bestandobjekt, USt/BK-Einbezug).
⚖️ Abgrenzung zum Irrtum
Beim Irrtum (§ 871 ABGB) wird ein bereits zustande gekommener Vertrag angefochten. Beim versteckten Dissens fehlt der Konsens von Anfang an – kein Vertrag.
📚 Typische Konstellationen (Praxisbeispiele)
- Miete: Eine Partei versteht den Betrag als Nettomiete, die andere als Bruttomiete inkl. BK/USt.
- Werkvertrag: Unklar, ob Preise inkl. oder exkl. Mehrwertsteuer zu verstehen sind.
- Kauf/Service: „Wartung“ vs. „Vollservice“ ohne klare Definitionen.
🧩 Quick-Check: Liegt versteckter Dissens vor?
- Sind Angebot & Annahme äußerlich gleichlautend?
- Gibt es eine Differenz im Verständnis eines Hauptpunkts?
- Lässt sich die Differenz durch Auslegung zu einem einheitlichen Sinn schließen?
- Wenn nein → kein Vertrag (Dissens). Wenn ja → Konsens trotz unterschiedlicher Vorstellungen.
🛡️ Wie beuge ich vor? (Contract Hygiene)
- Begriffe definieren: Eigene Definitionen für mehrdeutige Wörter (z. B. „Betriebskosten“, „Wartung“).
- Preis-/Leistungs-Klarheit: Nettopreis? USt? Betriebskosten? Leistungsumfang als Liste.
- Bestätigungsschleife: Kurz zusammenfassen lassen, was verstanden wurde („Check-back“).
- Protokollieren: Kernpunkte der Vorverhandlungen schriftlich festhalten.
🤝 Warum Mediation das richtige Tool ist
Versteckter Dissens entsteht aus stillen Annahmen und ungenannten Erwartungen. Genau hier liegt die besondere Stärke der Mediation: Sie schafft Raum, um hinzusehen, statt zu übersehen.
- Tiefergehende Gespräche: In der Mediation wird nach dem „Was meinst du genau damit?“ gefragt – nicht nur nach dem Gesagten, sondern auch nach dem Gemeinten.
- Interessen statt Positionen: Hinter scheinbar klaren Worten („Miete“, „Service“) liegen oft unterschiedliche Bedürfnisse. Mediation legt diese offen.
- Mehr Verständnis – weniger Missverständnis: Durch aktives Zuhören und Visualisieren werden Sprach- und Bedeutungslücken sichtbar und überbrückt.
- Gemeinsames Sprachverständnis: Mediator:innen helfen, ein gemeinsames Vokabular für komplexe Themen zu finden – bevor daraus Konflikte entstehen.
- Langfristige Klarheit: Wer sich im Mediationsprozess ehrlich über Bedeutungen austauscht, baut nachhaltige Vertrauensbasis auf – ob privat oder geschäftlich.
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Die SolveGroup bietet Mediation & Vertragsklärung bei unklaren Vereinbarungen und Kommunikationsbrüchen: strukturiert, empathisch und lösungsorientiert. Gemeinsam sorgen wir dafür, dass Einigung auch wirklich Einigkeit bedeutet.
Stand: Mai 2025 – Abgerufen am